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Franzosen im Banat

Ihre erste systematische Ansiedlung 1770-1772

Franzosen kamen in zwei Schüben ins Banat: 1752-1754 erfolgte der erste Schub, 1770-1772 der zweite. Während der zweite Franzosenzug eine relativ reiche Literatur besitzt, ist über die erste Ansiedlung von Franzosen fast nichts publiziert worden, obwohl die Akten der Landesadministration und die Totenbücher der Pfarre Mercydorf-Karan (vorwiegend hier wurden die Siedler aus Deutschlothringen und Franzosen aus Welschlothringen und Belgisch-Luxemburg angesiedelt) genügend Auskunft geben.
Mercydorf,von Italienern gegründet, verlor durch die Pest und Abwanderung viele Einwohner, erwachte aber durch die Ansiedlung von Lothringern zu neuem Leben. Über die Anwerbung der Kolonisten in Lothringen ist nichts näher bekannt, vermutlich wurden von dem Werber Johann Osswald, der von Siersburg bei Dillingen, an der Saar stammte und in Neubeschenowa wohnte, und von den in Tschakowa wohnenden Werbern Peter Hill und Lotharius Nattermann Siedler für das Banat gewonnen. 1749 reisten die aus dem Churtrierischen stammenden, in Neubeschenowa wohnenden Mathias Nischbach und Mathias Plesis in einer Erbschaftsangelegenheit in ihre alte Heimat. Die Landesadministration gab ihnen ein Schriftstück mit, "vermög welchen sich teutsche oder andere Familien darunten im Banat häuslich niederlassen können"
Im Juni und Juli kamen die Lothringer die Donau herunter. Die erste Gruppe bestand aus 19 Familien, am 22. Juni schickten sie von Sziget an der Theiss zwei Boten nach Temeswar, um ihren Ansiedlungsort zu erfahren. Die zweite Gruppe (elf Familien, 50 Köpfe stark) stand unter der Führung des Kilian Aron (Haron) und des Lorenz Rondeau.Sie wurden zuerst nach Denta gebracht, wo schon Lothringer sassen. Von hier übersiedelten sie nach Mercydorf, am 27. Oktober teilte die Administration dem Tschakowaer Verwalteramt mit, das den Familien Francois Moutard, Nicola Hübner /Higner) Johannes Kopf /Kiefer) Simon Orschottrer, dazu noch Jakob Würz und Niclas Gebhard " die Überziehung" nach Mercydorf gestattet sei. Der Einwanderungspass der Lothringer ist bekannt: " Wir, Maria Theresia von Gottesgnaden Römische Kaiserin,in Germanien, zu Hungarn und Böheim Königin, Erzherzogin zu Österreich, Herzogin zu Burgund, in Steyr, Kärnten und Crain. Gräfin zu Flandern, Tirol und Görz, Herzogin zu Toskana etc.etc. Befehlen allen und jeden Unserer Unterthanen, Geistlich und Weltlichen, was Würden, Standes oder Weesens die seynd, in Sonderheit allen Aufschlägern, Dreyssigern, Mautnern, Zollnern, Gegenschreibern, Beschauern und anderen dergleichen ämt-Leuten, denen unser Pass-Brief vorkommet, gnädigst und wollen, dass nachdem Wir dem Niclas Etienne, Claude Pitance und Niclas Schmidt, mit neun Personen nebst mehr anderen, beyläufig in etlich und fünfzig Köpfen bestehenden, der Römisch-Catholischen Religion zugethanen Teutsch-Lothringischen Familien sich in Unserem Temeswarer Banat häuslich nieder zu lassen Gnädigst bewilligen haben, zu dem Ende selbe auch von hier zu Wasser bis Ofen und von dannen weiters nach gedachten Banat abgeführet werden, ihr selbe sammentlich durchkommen und passieren lassen sollet. Den hierein bestehen Unser Gnädigster Wille und Meinung. Geben in Unsere Stadt Wien den ersten August im Siebenzehen Hundert zway und fünfzigsten, Unserer Reiche im zwölften Jahr. Maria Theresis m.p. CF.Graf zu Königsegg-Erps m.p. Freiherr von Schmidlin m.p. ad Mandatum. Sac. Caes. Reg. Maytis proprium: lg.Kempf von Angret."
Den ersten Gruppen folgten andere, so kündet ein Hofreskript vom 8. Juni "dass 4 deutsche Personen aus Lothringen,Franz Duc sammt seinem Eheweib, dann Johann Boivinais und Simon Pitance ins Banat herab kommen werden und sich in Mercydorf bei ihren Freunden ansiedeln". Diese "deutsche Personen" waren dem Namen und der Herkunftsorte nach Franzosen: Franz Duc und seine Frau Anna sowie Simon Pitance stammten aus Docelles bei Epinal in Frankreich, Boivinais (Boidinet) kam aus Neuville au Bois/Delme. Mit ihnen fand die erste systematische Franzosenansiedlung vorläufig ihren Abschluss.
Aus den Pfarrmatrikeln von Mercydorf lassen sich Namen und Herkunftsorte der meisten Siedler weitgehend bestimmen :
Aboncout/Chateau Salins : Georgius (Georges) Nicolas
Alzingen/Bouzonville (Busendorf) : Ebersweiler Barbara, Jakob Johannes, Jakob Barbara (aus"Nasslingen"), Urschulz Jakob und Magdalena, Walch Johannes und Margareta
Auersmacher/Saargemünd : Bourguignon Katharina, Keller Georg, LemmerJohannes und Peter
Bercheux/Haute Fagnes, Luxemburg : Bastian Franz und Susanna, Gerard Anna, T(h)omas Margareta.
Blanche Eglise/Dieuze : Schneider Anton und Margareta
Boulay (Bolchen) : Boulanger Katharina, Simon Anna Maria.
Brettnach/Saarlouis : Walch Anna Maria.
Bouzonville (Busendorf) : Frey Anna, Lemmer Susanna.
Chemery/Faulkemont oder Schemerich/Bolchen : Kilion Peter
Delme : Pitance Katharina
Diedenhofen (Thionville) : Mangear (Mange)Johannes, Mangie Claude.
Differten/Saarlouis : Bernhard Anton, Hürtz Peter und Susanna.
Docelles/Vosges : Duc Franz und Anna, Duc Peter, Pitance Simon ,Maria, Anna
Eblange (Eblingen)/Bolchen : Cadet Katharina, Ferion Nicolas, Frey Claudius, Kiefer Susanna geb. Frey, Colibius (Cabiling) Anna
Elsasszabern : Rubie Jakob und Elisabeth.
Esch a.d.Alzette/Luxemburg : Etienne Nikolaus und Anna.
Freistorf/Bolchen : Cadet Maria, Kieffer Johannes, Luxemburger Anton, Lüzzemburger Franz, Mireau Johannes und Annamaria, Moutard Elisabeth, Bessinger Annamaria, Grausam Nikolaus und Katharina.
Gelmingen/Bolchen : Ferion Magdalena.
Gerbecourt/Chateau Salins : Everard(Eberhard) Johannes und Peter.
Hessdorf/Bolchen : Schuster Peter, Tritz Andreas und Maria Katharina.
Hesslingen bei Alstingen/Forbach : Bonn (Bohn) Michael.
Holling/Bolchen : Cadet Barbara, Martin Johannes, Schuh Anna ("ex.Olengen"!)
Kamern bei St. Avold : Ronc Johannes.
Landage/Lorquin (Landingen/Saarburg?) :Boidinet Katharina, Loreth Johannes und Magdalena, Lorette Christoph, Loirette Katharina, Moutard Ludwig (Landage/Saarburg)
Leidingen/Bouzonville : Molter Johannes und Katharina.
Luneville : Boidinet Anna Maria.
Mechern/Saarlouis : Martin Johannes.
Merville/Luxemburg : Etienne Adelgundis.
Metz(Diözese) : Cadet Susanna.
Neuveville au Bois/Delme : Boidinet Johannes.
Remelfang/Bolchen : Francisquet Simon (Bäcker), Frey Anna Würtz Heinrich und Jakob.
Saaralben : Clodon Johannes.
Saargemünd : Bourguignon Magdalena.
Spittel : Takler Anna.
Saint Georges/Rechicourt le Chateau : Dignel(Diemel, Dignet) Anna (andernorts : Bamo ?) , Higner Katharina,Claude, Louis Luy) Joseph
Trier(Diözese) : Endres Ployer, Spaniol (Espaniol, Spanier) , Haron (Aron) Friedrich.
Wiebelskirchen/Saargemünd : Higner Nicolas.
Willerswald/Saaralben : Clodon Peter.
Wölflingen/Bouzonville : Cadet Susanna, Jungmann Maria.
Einige Lothringer Ortschaften konnten nicht näher bestimmt werden : Wasser (Wosser, Vauseur) Katharina aus Mergenthal(Marientahl), Pleger(Pfleger,Plecherin) ex.germ.Lothraingia Moorenhale propre urbe Sendefort.
Claudius di Bisson , gallus, Kertenstein bei Metz, Bitance (Pitance) Maria,gall.Lothr.Tochnin (Docelles?)
Rigotti Johannes de Rigor en France, seine Frau Hürtz Margareta stammte aus Döfferten bei Saarlouis(Differten)
Boy Johannes aus Novobilla,Lothringen(Laneuveville au Saulnois/Delme?)Einfach Lothringen wird angegeben für Bischof Margareta verh. Etienne, Forcheval, Flügelmann, Gouillon, Kiffi, Februs, Payer, Pigoo (Becaud?) , Prevaut, Schreiner, Shon (Schön?), Jung, Landberger, Nalboch, Quilliaume.
Ohne Angabe der Herkunft : Bamel, Baumgartner, Bechinger, Beconin (Becaud?), Hann, Kek, Lilien, Mali, Mercier, Merson, Moy, Mousenell Anna, Frau des Lehrers Peter Duc, der aus Docelles stammte, Peruser, Staud, Spät, Schäffer (Schöffer), Schneffer).
Viele Siedlernamen sind französisch, viele Herkunftsorte liegen südlich der deutsch-französischen Sprachgrenze. Zu den italienischen Dorfgründern und einigen Deutschen gesselten sich Franzosen und Deutsche aus Lothringen, so dass das Dorf dreisprachig wurde, die Pfarre galt als "trium linquarum valens" , und bis zur Jahrhundertwende wurde das Evangelium in der Kirche deutsch und französich verlesen. Die Administration war bestrebt, Priester in das Dorf zu schicken, die die drei ortsüblichen Sprachen beherschten. Bezeichnend ist, dass Franzosensiedler aus anderen Dörfern ihre Versetzung zu ihren Landsleuten nach Mercydorf verlangten. So verlangen 1767 die in Neuarad wohnenden "Luxemburger" Peter Kolbach und Jakob Lamberth, da sie der "Teutschen Sprache unkundig seien und bloss allein die französische Sprach verstünden" ihre Versetzung. Sie kamen nach Mercydorf. Kolbach stammte aus Nerfs in Belgisch-Luxemburg, er starb im Jahre 1773, inregistriert ist er als Colpach Peter;Lambert kam aus Gelmingen/Bolchen, Lothringen, er starb 1774.
Dass das Bewusstsein der französichen Volkszugehörigkeit noch lange wach blieb, bezeugt die Tatsache, dass die Bevölkerungsstatistik des Banats für 1840 im Komitat Temesch noch 150 Franzosen, wahrscheinlich alle in Mercydorf wohnhaft, angibt.Im Komitat Torontal wurden 6000 Franzosen gezählt.